An der Stelle der heutigen St. Michael-Kirche steht seit 1555 eine Kirche. Allerdings gibt es erst seit 1876 eine eigene Pfarrstelle und damit auch eigene Kirchenbücher.
Die erste Kirche stand auf dem Friedhof, eine kleine bescheidene Fachwerkkirche, mit gerade mal gut 80 m² Grundfläche. Schon 1650 wurde diese Kirche auf Geheiß des Berliner Magistrats abgerissen. Sie war baufällig geworden. Bis 1658 entstand eine neue Kirche, kaum größer und ebenfalls in Fachwerkbauweise. Knapp 200 Jahre später, gegen 1830, wurde dieser Kirchenbau vergrößert. 1850 wurde er durch ein Feuer zerstört.
Bis 1857 wurde ein Neubau errichtet, der in Größe und Form weitgehend dem heutigen Kirchbau entspricht. Dieser Bau wurde 1945, kurz vor Kriegsende, durch einen Brand weitgehend zerstört.
Wesentliche äußerliche Abweichungen der heutigen St. Michael-Kirche zu dem Bau von 1857:
- die Turmhaube, die beim Wiederaufbau nicht in ihrer schlanken eleganten Form rekonstruiert wurde, sondern kürzer und etwas plump auf dem Turm sitzt,
- die Nebenräume, die bereits 1938 geschaffen wurden,
- der Seiteneingang zur Kirche von der Rudolf-Breitscheid-Straße, der mit dem Bau der Straßenbahn deutlich verändert werden musste und heute so nicht mehr existiert.
Der Wiederaufbau begann schon bald nach Kriegsende und bereits 1949 konnte die wiederaufgebaute Kirche eingeweiht werden. Spätestens seitdem trägt sie den Namen St. Michael.
Architektonisch ist die St. Michael-Kirche eine neugotische Saalkirche mit Holzbalkendecke. Die tragenden Deckenbalken sind mit biblischen Sprüchen verziert.
Ungewöhnlich sind die fehlenden Kirchenbänke: Im Rahmen der Sanierung ab 1990 mussten auch die Kirchenbänke erneuert werden. Man entschloss sich 2004, die alten Kirchenbänke durch Stuhlreihen zu ersetzen. Das bietet viele Vorteile: flexible Bestuhlung (Konzerte, Ausstellungen, Plätze für Rollstuhlfahrer, Tischabendmahlsfeier,…), bequemeres Sitzen, leichtere Instandhaltung. Es gibt natürlich auch ein paar Nachteile: Man weiß z.B. oft nicht so recht, wohin mit dem Gesangbuch.
Die Kirche wird regelmäßig (4-5 x im Jahr) für Ausstellungen von Bildern und Gemälden genutzt. Sie wird dadurch ein sehr lebendiger und abwechslungsreicher Ort. Außerdem werden so zusätzliche Öffnungszeiten ermöglicht.
In der Mitte des Kirchenschiffs bietet sich ein guter Blick auf die Verzierungen der Emporen. Die angebrachten Zeichen stehen für:
- links: das Kirchenjahr, Geburt, Geißelung, Kreuzigung, Auferstehung;
- rechts: die Versinnbildlichung der christlichen Kirche selbst: A und O, Anfang und Ende, in der Mitte äußere und innere Mission.
- unter der Orgel: Darstellung der Dreieinigkeit Gottes: das Dreieck steht für Gott den Vater, das Kreuz für den Sohn Jesus Christus und die Linie darüber für den Heiligen Geist.
Diese Zeichen stammen aus den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die großen Leuchter im Kirchenraum stammen auch aus dieser Zeit. Sie wurden von der Familie Knappe gestiftet und von einem Woltersdorfer Schmied gefertigt.
Die Kanzel befindet sich noch nicht ganz so lange an ihrem heutigen. Auf alten Bildern sieht man, dass die Kanzel ursprünglich in der Nähe der Tür zur Sakristei war. Nur dass damals dort noch keine Sakristei war. Die befand sich rechts vorn in einem kleinen Verschlag.
Im Altarraum dominiert der hölzerne und massive Altartisch. Er hat seinen Weg im Zuge der Sanierung nach der Wende in die Kirche gefunden. Der Altar stammt von dem Leipziger Künstler-/Handwerkerpaar Zink und Gensichen und ist ein echtes Unikat. Der Altartisch weist eine Besonderheit auf: In den Altar integriert ist ein Taufstein. Für die Taufe wird der Taufstein nun aus dem Altar herausgehoben und unterstreicht damit, dass der Täufling ein Teil, aber ein ganz wichtiger Teil der ganzen Gemeinde ist.
Über dem Altar befindet sich ein großes, geschnitztes Holzkruzifix aus dem Kloster Maria Laach. Tatsächlich ist es bereits das zweite seiner Art in der Woltersdorfer Kirche. Das erste wurde 1939 nach Woltersdorf geholt, aber 1945 beim Kirchenbrand zerstört. Es gelang dem damaligen Pfarrer Wendt, erneut ein Kruzifix aus Maria Laach zu bekommen. So komplettiert seit fast siebzig Jahren dieses Kreuz den Altar in der Kirche.
Die Empore ist weitaus geräumiger als es in vielen anderen Kirchen der Fall ist. Sie umfasst neben der mittleren Orgelempore auch zwei Seitenemporen. Über der linken Seitenempore sieht man auch noch die ehemaligen Fensterdurchlässe, die im Zuge des Anbaus der Nebenräume geschlossen werden mussten.
Seit 1955 befindet sich wieder eine Orgel in der Kirche. Sie stammt aus der Potsdamer Schuke-Orgelbauwerkstatt und wurde 1955 eingebaut. 1.220 Orgelpfeifen (i.d.R. 56 pro Manual-Register, 32 pro Pedal-Register), davon 69 als Prospektpfeifen, gespielt von zwei Manualen und einem Pedal, mit 16 Registern, zu dem Zweck, Musik zum Lobe Gottes erklingen zu lassen. Optisch stellt sich das Orgelprospekt, also das äußere Escheinungsbild, eher nüchtern und sachlich dar. Schmucklose Wände, unverzierte Prospektpfeifen, symmetrische Pfeifenanordnungen. Positiv könnte man sagen: Es entspricht dem Baustil der „Neuen Sachlichkeit“ aus den ersten Nachkriegsjahren, zu dem unter anderem auch der Bauhausstil gehört. Vielleicht ist diese Nüchternheit aber auch den Mitte der 1950er Jahre vorhandenen bzw. nicht vorhandenen (finanziellen und materiellen) Möglichkeiten geschuldet. Das Prospekt wurde von einer Woltersdorfer Tischlerei gebaut.
Der Turm der St. Michael-Kirche bietet einen schönen Blick über den grünen Ort. Er beherbergt auch drei Glocken, die in den 1960er Jahren als Harteisenguss gefertigt wurden und nur eine Lebensdauer von etwa 60 Jahren haben. In den nächsten Jahren wird es daher eine Erneuerung der Kirchenglocken in St. Michael geben (müssen). Dafür erbitten wir schon heute Ihre Unterstützung.